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«Hoffnung und Zuversicht für eine aufbrechende Kirche»

Interview mit Renata Asal-Steger, Vizepräsidentin der RKZ, zur Eröffnungsfeier der Weltausstellung zu 500 Jahre Reformation in der Lutherstadt Wittenberg (D).

Frau Asal-Steger, am 20. Mai 2017 waren Sie als Vertreterin der RKZ in Wittenberg, um an der Eröffnung der Weltausstellung zu 500 Jahren Reformation teilzunehmen. Warum engagiert sich die katholische und schweizerische RKZ für ein reformiertes und ausländisches Vorhaben?

Die Bezeichnung Weltausstellung verrät es bereits: Die Wittenberger Veranstaltung «Tore der Freiheit» zum Gedenken an 500 Jahre Reformation soll weltweit und nicht nur national ausstrahlen und so Menschen aus den verschiedenen Erdteilen zusammenbringen. Konkret angestossen hat die Teilnahme der Schweiz der ehemalige Schweizerbotschafter in Deutschland, Tim Guldimann. Die Schweizer Präsenz dokumentiert, dass zeitgleich zur Reformation in Deutschland auch in der Schweiz eine solche Bewegung stattgefunden hat und die Reformationsgeschichte somit nicht allein von Luther, sondern massgeblich auch von Personen und Entwicklungen im Gebiet der heutigen Schweiz mitgeprägt ist. Die RKZ erachtete es daher als sinnvoll und wichtig, dass gerade in Wittenberg, der Lutherstadt, aufgezeigt wird, dass eine Gleichsetzung von Reformation und Luther zu kurz greift. Daher hat die Plenarversammlung auf Antrag des Evangelischen Kirchenbundes SEK und im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz SBK beschlossen, die Schweizer Präsenz an der „Weltausstellung Reformation“ mit 70‘000 Franken zu unterstützen.

Zu den Eröffnungsfeierlichkeiten gehörte ein ökumenischer Gottesdienst auf dem Marktplatz der Lutherstadt. Was hat sie daran besonders beeindruckt?

Der feierliche ökumenische Gottesdienst bei strahlendem Sommerwetter und unter freiem Himmel mitten im Zentrum des Städtchens Wittenberg wird mir unvergessen bleiben. Rund 4’000 Menschen haben daran teilgenommen. Diese Zahl an Mitfeiern-der beeindruckte mich ganz besonders, sind doch lediglich ca. 10% der Bewohnerin-nen und Bewohner dieser Kleinstadt Christinnen und Christen. Rund 90% gehören keiner Konfession oder Religion an. Eindrucksvoll war neben der ökumenischen Gestaltung der Gottesdienstfeier insbesondere das Predigtwort von Margot Kässmann, Botschafterin der Evangelischen Kirche für das Reformationsjubiläum. Sie sieht in der Weltausstellung ein «Aufbruchsignal für Kirche und Gesellschaft». Neben namhaften Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen nahmen auch zahlreiche politische Grössen an der Feier teil, so auch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier. In seinem Eröffnungsgrusswort zu «Tore der Freiheit» rief er eindringlich dazu auf, der heutigen Gefahr von Nationalismus und Abgrenzung entgegenzutreten und Tore der Freiheit zu öffnen, nicht zu schliessen.

Im Zentrum des Schweizer Pavillons, der ein gemeinsames Projekt des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes und der Bischofskonferenz ist, steht eine Druckerpresse. Sie erinnert an die Bibelübersetzung des Reformators Huldrych Zwingli. Woran aber können die Besucherinnen und Besucher erkennen, dass es sich um einen ökumenischen Pavillon handelt?

Der Schweizer Pavillon mit dem Titel «Prophezey – die Schweizer Reformation» ist in 4 thematische Räume unterteilt. Bereits im ersten Raum wird augenfällig, dass es sich um eine ökumenische Ausstellung handelt. Neben den Silhouetten der Reformatoren Zwingli, Calvin und Luther findet sich auch diejenige von Niklaus von Flüe. Ausserdem hat die Schweizer Bischofskonferenz eine Übersetzung der Bibel ins Deutsche nach Wittenberg gebracht, welche in der Schweiz noch vor der Reformation entstand. Die Bibel als Ausdruck der gemeinsamen Glaubensgrundlage steht im Zentrum der Ausstellung. Bemerkenswert ist, dass einzig dem Schweizerpavillon ein ökumenisches Ausstellungskonzept zugrunde liegt.

Wenn Unternehmen sich finanziell an kulturellen Events oder Ausstellungen beteiligen, ist ihr Sponsoring manchmal gut sichtbar. Die RKZ aber erscheint im ganzen Pavillon nur auf einer Tafel mit anderen Projektpartnern und wurde bei der Eröffnung mit keinem Wort erwähnt. Finden sie das als Präsidentin der RKZ-Kommunikationskommission richtig? Oder wünschten sie sich etwas mehr Öffentlichkeit für die Leistungen der RKZ?

Dass die Beteiligung der RKZ anlässlich der Eröffnung des Schweizer Pavillons unerwähnt blieb, hat mich irritiert und erstaunt. Zu einer professionellen Kommunikation gehört, dass Beteiligte erwähnt und Ihnen gedankt wird. Das ist das eine. Aber das «Nicht-erwähnt- werden» der RKZ in Wittenberg liess und lässt noch etwas Weitergehendes vermissen als lediglich das Nichteinhalten von Kommunikationsregeln. Die RKZ wurde in Wittenberg weder von der SBK noch vom SEK als kirchliche Mitträgerin wahrgenommen. Sie war ein Gast unter vielen. Nichtsdestotrotz: Die Ausstellung in Wittenberg öffnet Tore - mir persönlich Tore der Hoffnung und der Zuversicht im Hinblick auf eine Kirche, die aufbricht und mit den Menschen von heute und ihren Fragen unterwegs ist.