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Synodal–solidarisch, spirituell–professionell, verbindlich–aufrecht, realistisch–hoffungsvoll

Daniel Kosch verabschiedet sich von der RKZ mit vier Wünschen, die zugleich auch Wünsche für die katholische Kirche in der Schweiz sind.

Während 21 Jahren, von 2001-2022, hatte ich als Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) die Möglichkeit, die katholische Kirche in der Schweiz, ihre Strukturen und ihre Kulturen, ihre Finanzen und ihren Reichtum an Erfahrungen, aber auch ihre Grenzen und ihre Schwierigkeiten kennenzulernen. Zudem gab mir meine Aufgabe die Chance, Entwicklungen mitzugestalten, an Debatten teilzunehmen und in Projekten Lösungen zu entwickeln. Immer wieder habe ich mich auch mit grundsätzlichen Fragen zum Verhältnis von Kirche, Staat und Gesellschaft, Kirchenfinanzierung, Management in der Kirche und Kirchenreform befasst und dazu geäussert. Im Sinne eines Dankes und eines Fazits am Ende dieser langen Zeit möchte ich in Form von vier Wortpaaren Wünsche für die RKZ formulieren, die zugleich Wünsche für die katholische Kirche in der Schweiz sind.

Synodal und solidarisch

Die Stärkung der Synodalität durch Papst Franziskus sehe ich – bei allen Mängeln in der Umsetzung – als grosse, unbedingt zu ergreifende Chance für die katholische Kirche in der Schweiz. Denn das synodale Prinzip hat das Potenzial, den Laien, insbesondere den Frauen in der Kirche jene Rolle zu geben, die ihnen zukommt, und den Gegensatz zwischen einer klerikal definierten Pastoral und demokratisch verwalteten Finanzen in ein partizipatives Miteinander zu transformieren. Zudem ist Synodalität ein inklusives Konzept, das Vielfalt nicht als Bedrohung, sondern als Ressource wahrnimmt. Die Stärkung dieses «Miteinanders» erfordert neben Synodalität auch Solidarität. Denn wenn die Kirchenkrise spürbar wird, die Kirchenmitglieder weniger und die Finanzen knapper werden, steigt das Risiko, dass jeder und jede zuerst für sich schaut, die eigenen Ressourcen, aber auch den eigenen bedrohten Glauben verteidigt. Für die RKZ und ihre Mitglieder ist finanzielle Solidarität daher ein Testfall für konkrete Synodalität. Nehmen Kantönligeist und Kirchgemeindeegoismus überhand, gefährdet das neben dem «Miteinander» auch das «Vorwärts», das wir uns auf nationaler Ebene nicht zuletzt von der SBK wünschen. Fehlen der RKZ und der SBK dazu die Mittel, schwinden Chancen und Motivation zur Zusammenarbeit. Nur eine solidarische Kirche kann kraftvoll synodale Kirche in der global vernetzten Welt von heute sein.

Spirituell und professionell

Je säkularer die Gesellschaft und je diffuser die Vorstellungen, was der Auftrag der Kirche in der Welt von heute ist, desto wichtiger wird, dass auch finanzielle und organisatorische Fragen von Menschen und Gremien entschieden werden, die bewusst und ausdrücklich im Glauben und in der Botschaft des Evangeliums verwurzelt sind. Gleichzeitig ist zunehmende Professionalität gefragt, denn die Kirche verpasst viele Chancen auch deshalb, weil sie bezüglich der Professionalität nicht auf der Höhe der Zeit ist. Ich wünsche der RKZ, dass sie weiterhin in Praxis und Theorie für ein Kirchenmanagement eintritt, das Spiritualität und Professionalität verbindet und fördert.

Verbindlich und aufrecht

Das Zusammenspiel zwischen staatskirchenrechtlichen und pastoralen Instanzen, zwischen SBK und RKZ wird weiterhin anspruchsvoll bleiben. Es gehört leider zur kirchlichen Kultur, dass die staatskirchenrechtliche Seite bei unterschiedlichen Sichtweisen eher dazu neigt, sich mit unverbindlichen Antworten zufrieden und klein beizugeben, statt auf Klarheit zu bestehen. Das hinterlässt ungute Gefühle und birgt die Gefahr, dass jenen die Rückendeckung fehlt, die im Einsatz für Demokratie, Transparenz und Gleichwürdigkeit etwas riskieren. Daher mein Wunsch an die RKZ, ihren Weg im Dialog mit den Bischöfen verbindlich und aufrecht zu gehen.

Realistisch und hoffnungsvoll

Aus den Reaktionen von Mitgliedern staatskirchenrechtlicher Behörden auf Zahlen zu Kirchenfinanzen, Personalentwicklung und wachsender Kirchendistanzierung höre ich oft die Erwartung heraus, dass eine Trendwende mit gutem Willen und grossem Engagement gelingen sollte. Nüchtern betrachtet ist mit einer quantitativen Trendwende nicht zu rechnen; es wäre schon viel gewonnen, gingen wir gelassener und fröhlicher darauf zu, in der Gesellschaft eine Rolle zu spielen, die nicht auf unserer Grösse, sondern auf Glaubwürdigkeit und Leuchtkraft beruht. Gefragt ist also eine Hoffnung, die weiter und tiefer reicht als bis zur nächsten Austrittsstatistik. So wünsche ich der RKZ und der katholischen Kirche in der Schweiz eine mit nüchternem Realismus gepaarte Hoffnung.

Eine solche hat ihr Fundament im unverbrüchlichen Vertrauen, für das der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer in weitaus schwieriger und hoffnungsärmerer Zeit in einem seiner Gefängnistexte folgende Worte fand:

«Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.»

Daniel Kosch, scheidender Generalsekretär der RKZ
25. November 2022