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«Die Kultur der Angst bröckelt und macht einer Atmosphäre der Freiheit und Offenheit Platz» (Sr. Philippa Rath)

Bilanz von Daniel Kosch zur 3. Synodalversammlung des Synodalen Weges in Deutschland vom 3.-5.2.2022

© Synodaler Weg/Maximilian von Lachner

In der Halbzeit
Der Synodale Weg steht mit der dritten Versammlung in der Halbzeit. Er hat seinen Arbeitsmodus gefunden und eine gewisse Arbeits-Routine entwickelt. Es wird sehr diszipliniert gearbeitet und beraten. Auch das Miteinan-der ist vertrauter und unverkrampfter geworden, trotz Masken und anderen Corona-Massnahmen.

In einer existenziellen Krise
Es zeigt sich m.E. - über alle Meinungsunterschiede und Lager hinweg - ein unausgesprochener Konsens: Die Kirche in Deutschland ist in einer neuen Zeit angekommen, befindet sich in einer Situation existenzieller Krise. Die Kirche muss sich dazu verhalten, dass die pastoralen Strukturen von einer Implosion bedroht, die Glaub-wüdigkeit schwer beschädigt und ihre kirchenamtlichen Positionen kaum mehr vermittelbar sind. Auch von stark Engagierten inklusive Theolog/innen, Seelsorgenden, Priestern und sogar Bischöfen werden sie nicht mehr mitgetragen. So bezeichnete z.B. Bischof Felix Genn Aussagen des Weltkatechismus zur Homosexualität als «peinlich».

Herausgefordert durch Aufbrüche und öffentliche Debatten
Von Maria 2.0 über die Ereignisse in Köln und das Missbrauchsgutachten in München bis hin zur Aktion «Out in Church» haben Entwicklungen und Aufbrüche im Umfeld des Synodalen Weges die Stimmung und die Situati-onsanalysen der Synodalen geprägt und die Erwartung auf greifbare Resultate in nützlicher Frist erhöht. Zudem steht der Synodale Weg unter hoher öffentlicher Aufmerksamkeit und ist sich bewusst, dass sein Verlauf auch in Rom aufmerksam verfolgt wird. Das alles bleibt nicht ohne Folgen und wirkt sich dynamisierend aus.

Unbestrittener Handlungsbedarf – unterschiedliche Optionen
Der Synodalversammlung und auch der Mehrheit der (fast) vollzählig präsenten Bischöfen ist bewusst, dass ein Wandel dringend nötig ist, auch um problematische Fehlentwicklungen zu korrigieren. So plädierte Kardinal Marx mit der Formel «Der Katechismus ist nicht der Koran. Er wird immer wieder verändert» für eine Zurück-nahme des Lehramtes, gerade in der Sexualmoral. Ausgesprochen werden aber auch Kritik an befürchteten Brüchen mit der geltenden Lehre und Widerstand gegen Paradigmenwechsel.

Fortschritte in der Erarbeitung von Grund- und Handlungstexten
Mit der definitiven Verabschiedung eines für den gesamten Synodalen Weg grundlegenden Orientierungstextes und des Grundtextes zu «Macht und Gewaltenteilung in der Kirche» und der Annahme des Grundtextes zu «Frauen in Ämtern und Diensten der Kirche» in erster Lesung wurden wichtige Fortschritte erzielt. Zugleich wurde mit der Beratung von «Handlungstexten» zur Mitwirkung der Laien bei der Bischofsbestellung, zur Seg-nung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, zur Neubewertung der Homosexualität u.a. deutlich, dass nicht nur theologische Vergewisserung, sondern konkrete praktische Reformen angestrebt werden. Sehr wichtig war in der Diskussion die Feststellung, dass bei den Texten nicht Perfektion angestrebt wird. Es reicht, wenn die Texte «gut genug für jetzt» sind.

Der Synodale Weg als spezifische Ausprägung von Synodalität
An der konkreten Praxis des Synodalen Weges lässt sich auch eine bestimmte Ausprägung von «Synodalität» ablesen. Synodalität braucht Phasen der Unterscheidung, des Aufeinander-Hörens, der Verbindung von Gebet und Diskussion. Aber sie strebt zugleich nach Entscheidungen, die nicht beliebig vertagt werden können. Auch wenn der Synodale Weg nicht nur aus den Versammlungen, sondern auch aus der Arbeit in den Foren und in Arbeitsgruppen bestehen, fehlen jedoch in den Plenarversammlungen echte Diskussionsformate. Vielmehr reiht sich Votum an Votum, oft ohne Verknüpfung mit dem, was Vorrednerinnen und -redner gesagt haben. Dies ist dem engen Zeitrahmen für die ambitiöse Themenvielfalt geschuldet. Bei der angestrebten Verstetigung des Synodalen Weges in Form eines Synodalen Rates müssten die Beratungsformate zweifellos angepasst werden.

Ein «hinter den Synodalen Weg zurück» ist nicht mehr möglich
Noch stehen allerdings zwei weitere Synodalversammlungen mit einem dicht befrachteten Arbeitsprogramm mit vielen Texten und Themen bevor. Geht die Arbeit in der Ernsthaftigkeit und mit der Ergebnisqualität dieser Dritten Synodalversammlung weiter, kann das riskante und ambitiöse Vorhaben zu einem Gesamtergebnis füh-ren, das nicht nur für Deutschland, sondern auch für die Kirche in anderen Ländern in vergleichbaren Situatio-nen starke Impulse freisetzen kann. Bereits jetzt ist allerdings klar, dass es ein «hinter den Synodalen Weg zu-rück» nicht geben kann.

Webseite «Der Synodale Weg»