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Veränderung braucht Zeit

Auch der Papst kann nicht alles alleine. Eine Replik von Daniel Kosch, Generalsekretär der RKZ.

Bild: presidencia.gov.ar [CC BY-SA 2.0]

Tagesanzeiger.ch/Newsnet vom 5. Januar 2015 unterscheidet in einer Analyse über Wirkungen und Erwartungen des Pontifikats von Franziskus zwischen «neuem Stil» und «neuer Doktrin». Und er setzt voraus, ein «neuer Stil» ohne «neue Doktrin» wecke bloss falsche Hoffnungen. Das ist aus meiner Sicht fragwürdig.

Erstens ist der neue Stil des Papstes eine neue Form der Amtsausübung. Dazu gehören etwa Diskussion und eine angreifbarere Sprache statt «unfehlbarem» Regieren. Das ist in einem symbolisch stark aufgelade-nen Amt mehr als Kosmetik. Es ist eine andere Art, Papst zu sein. Wenn diese Art von den Kardinälen oder Bischöfen übernommen wird, ändern nicht bloss einzelne Normen. Meinungsvielfalt gilt dann als «normal».

Zweitens: Wollte der Papst rasche rechtsverbindliche Reformen, müsste er sie autoritär verordnen. Das würde «progressiver» wirken, wäre aber im Amtsverständnis «konservativer». Denn es bliebe dabei: Hat der Papst gesprochen, ist die Sache entschieden. Wäre damit der Kirche auf ihrem Weg in die Zukunft wirklich gedient?

Es braucht Rückhalt und Kulturwandel

Darin gebe ich Michael Meier allerdings recht: Wenn der neue «Stil» verbindlich und wirksam sein soll, braucht es strukturelle, rechtlich bindende Reformen, welche die Zuständigkeiten anders verteilen. Einerseits zwischen Papst, Bischöfen, Seelsorgenden und Laien, anderseits zwischen Rom und den Kirchen vor Ort. Eine solche neue Form des Kirchenmanagements auf Weltebene wäre erst noch zu entwickeln und zu erproben, würde aber die «Doktrin» mit der Zeit nachhaltig verändern. Solches kann Franziskus allein aber nur verfügen. Für die Umsetzung braucht es einen breiten Rückhalt und einen Kulturwandel. Nicht einmal ein Papst kann diesen allein durchsetzen.

Es braucht also sowohl Struktur- als auch Stilwandel. Und gelingen kann der Wandel nur, wenn er nicht nur den Papst, sondern die ganze Kirche erfasst. Auch wenn das nach Durchhalteparole klingt: Wer weiss, wie schwer Veränderung schon in kleinen Organisationen fällt, wird anerkennen müssen, dass ein so tiefgreifender Wandel viel Zeit braucht.