Würdigung von Papst Franziskus
Wir trauern um Papst Franziskus, der heute Morgen sein irdisches Leben vollendet hat, und würdigen sein wertvolles Wirken für die katholische Kirche und darüber hinaus.
In einer Zeit, in der in Westeuropa immer mehr Menschen zur Kirche auf Distanz gehen und aus ihr austreten, hat Papst Franziskus ein glaubwürdiges Bild des Jesus von Nazareth vorgelebt: Interessiert an Menschen jeglicher Herkunft hat er ganz besonders jene Menschen in den Mittelpunkt gerückt, die in Armut leben, auf der Flucht sind, im Gefängnis sitzen.
Er hat einen neuen, auch ungewohnten Führungsstil praktiziert, indem er vielfältig Zeichen setzte und Impulse gab, ohne den Weg zu diktieren. Indem er eine angstfreie Diskussionskultur zuliess und förderte, die sich in Teilen sogar gegen seine Person richtete, etwas, was zuvor unvorstellbar war. Indem er sich gegen Klerikalismus und Privilegienschacher in seinem eigenen Umfeld wandte und bewusst einen bescheidenen Lebensstil pflegte. Indem er die römische Kurie reformierte, sie als Dienst an der Weltkirche umschrieb und eine «heilsame Dezentralisierung» wünschte. Zu Beginn dieses Jahres hat er erstmals zwei Frauen in Spitzenfunktionen eingesetzt. Es war eine spannende Erfahrung von Glasnost und Perestrojka im Vatikan, die etlichen auch Angst bereitete, fürchteten sie doch, dass die Kirche daran Schaden nähme.
Andererseits ist nicht zu übersehen, dass Papst Franziskus viele reformorientierte Kräfte in der Kirche auch enttäuscht hat, weil er bei zahlreichen Momenten des Aufbruchs und der Erneuerung nicht klar vorangegangen ist, zu wenig rechtliche und strukturelle Erneuerung ermöglicht hat, ja verschiedene Aufbrüche (z.B. synodaler Weg in Deutschland) auch herb ausbremste.
Aus Sicht der RKZ bleibt von Papst Franziskus vor allem das Vermächtnis, das unter dem Stichwort Synodalität bekannt geworden ist: Die Kirche soll sich erneuern, indem sie den Anspruch des Evangeliums ernst nimmt und auf sich selbst bezieht. Die weltweite Befragung der Gläubigen im Rahmen des synodalen Prozesses, der Einbezug von nichtgeweihten Frauen und Männern auf allen Ebenen der Diskussion haben dazu beigetragen, vielen kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei uns Hoffnung zu geben auf eine lernfähige Kirche. Die RKZ unterstützt diesen Prozess in der Schweiz und will diesen Weg auch weiter mit Finanzen und eigenem Engagement unterstützen.
Roland Loos, Präsident der RKZ
Urs Brosi, Generalsekretär der RKZ