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Bundesgerichtsentscheid im Fall «Adebar»

Das Bundesgericht stützt den Entscheid der Bündner Landeskirche, die Beratungsstelle Adebar in Chur finanziell zu unterstützen.

Photo by Priscilla du Preez

Hintergrund

Im Jahr 2012 gelangte der Generalvikar des Bistums Chur, Martin Grichting, mit einem Vorstoss an das Corpus Catholicum, die Legislative der römisch-katholischen Landeskirche Graubünden. Er beantragte, der Verein «adebar» (Beratungsstelle für Familienplanung, Sexualität, Schwangerschaft und Partnerschaft Graubunden) sei von der Landeskirche künftig nicht mehr finanziell zu unterstützen.

Die Verwaltungskommission (Exekutive) der Landeskirche beantragte dem Corpus Catholicum darauf hin, die Unterstützung in der bisherigen Höhe auch 2012/2013 ins Budget aufzunehmen. Aber sie knüpfte die Auszahlung des Beitrags an die Bedingung, diese Geldmittel seien unter Berücksichtigung der Gesetze der katholischen Kirche zu verwenden. Damit werde verhindert, dass der Beitrag für Beratertätigkeiten über Abtreibungen oder die sogenannte Pille danach verwendet werde. Das Corpus Catholicum stimmte diesem Antrag zu.

Das Bistum Chur und Generalvikar Martin Grichting gelangten an die Rekurskommission und in einem weiteren Schritt an das Verwaltungsgericht mit dem Antrag, diesen Beitragsbeschluss aufzuheben. Nach mehreren Zwischenentscheiden wies das Verwaltungsgericht Graubünden die Beschwerde im Dezember 2017 ab. Der Entscheid wurde an das Bundesgericht weitergezogen.

Entscheid des Bundesgerichts vom 17. Dezember 2018

Mit seinem am 17. Dezember 2018 gefällten und am 30. Januar 2019 veröffentlichten Urteil wird die Beschwerde abgewiesen. In der Urteilsbegründung wird festgehalten, dass der Entscheid zur Unterstützung des Vereins «adebar» durch die Landeskirche Graubünden das Landeskirchenrecht nicht willkürlich anwende und dem Anliegen des Bistums entspreche, landeskirchliche Gelder nicht für Zwecke einzusetzen, die mit den Lehren der römisch-katholischen Kirche unvereinbar sind. Auch «eine Beeinträchtigung der Religionsfreiheit» sei «nicht auszumachen».

Stellungnahme der Verwaltungskommission

In ihrer Medienmitteilung begrüsste die Verwaltungskommission (Exekutive) der römisch-katholischen Landeskirche Graubünden diesen Entscheid. Über den Einzelfall hinaus zeige er auf, dass die Landeskirche berechtigt ist, auf der Basis der rechtlichen Vorgaben und demokratischer Beschlüsse des Corpus Catholicum Beiträge an soziale und karitative Institutionen zu leisten, die nach Auffassung der seiner Mitglieder dem Auftrag der Landeskirche entsprechen. Wie im vorliegenden Fall werden die Organe der Landeskirche bei Bedarf auch in Zukunft sicherstellen, dass diese Beiträge im Sinn der Botschaft und der Lehre der römisch-katholischen Kirche verwendet werden.

Stellungnahme des Bistums Chur

Kritisch reagierte das Bistum in seiner Stellungnahme. Das Urteil zeige auf, dass die offiziellen Instanzen der katholischen Kirche in dieser Frage bloss die Rolle als «Zuschauerin» zukommt, die in Kauf nehmen muss, dass Kirchensteuermittel «gegen ihre Glaubensvorgaben» für «kirchenferne oder kirchenfeindliche Aktivitäten eingesetzt werden». Die Landeskirchen dürften «einer eigenen Agenda folgen» und sich trotzdem katholisch nennen: «Gegen diese Täuschung und den Missbrauch ihres Namens könne die katholische Kirche in der Schweiz nichts tun».

Beurteilung aus Sicht RKZ

Das Bundesgerichtsurteil schützt zwar die demokratische Entscheidung des Kirchenparlaments und stellt klar, dass diese nicht durch bischöfliche Vorgaben «ausgehebelt» werden kann. Es gibt der Landeskirche aber keineswegs einen Freipass, ihre Mittel nach Belieben einzusetzen und damit «zu tun was sie will». Vielmehr ist sie verpflichtet, sich an die gesetzlichen Grundlagen zu halten, zu denen auch die kirchliche Zweckausrichtung der Landeskirche gehört.

Die Beurteilung des Bundesgerichtsentscheids durch das Bistum ist daher sehr tendenziös. Denn die Landeskirche hat mit der negativen Zweckbindung des Beitrags an «Adebar» dafür gesorgt, dass einerseits das legitime Anliegen der Beratungsstelle unterstützt wird, aber gleichzeitig vermieden, dass «kirchenfeindliche Aktivitäten» unterstützt werden.

Die Auffassung der Churer Bistumsleitung, dass die Körperschaften die Bezeichnung «katholisch» missbräuchlich für sich beanspruchen und demnach nicht Teil der Kirche sind, ist kaum mit dem «Vademecum» und auch nicht mit der ausdrücklichen «Anerkennung» der Körperschaften und ihres Zwecks in der Zusammenarbeitsvereinbarung SBK-RKZ vereinbar. Und der Hinweis des Bistums, die Kirchensteuerzahlenden müssten damit rechnen, dass ihre Steuern nicht im Sinn der Kirche verwendet würden, kommt einer indirekten Aufforderung zum partiellen Kirchenaustritt nahe. Zum Einvernehmen und zu einer guten Zusammenarbeit im dualen System tragen solche Aussagen nicht bei. Die RKZ ist daher mit der Bitte an die SBK gelangt, sich mit dieser Thematik zu befassen.

Bundesgerichtsurteil
Medienmitteilung der Landeskirche Graubünden
Medienmitteilung des Bistums Chur