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Jugendliche Akteure einer gelebten christlichen Kultur

Jungwacht Blauring als Auslöser und im Spiegel einer wissenschaftlichen Publikation

(Autor des Beitrags: Anastas Odermatt, ehrenamtlicher Co-Präsident von Jungwacht Blauring Schweiz und Religionswissenschaftler an der Universität Luzern)

Jungwacht Blauring darf in doppelter Hinsicht stolz sein: Der grösste katholische Kinder- und Jugendverband gab 2010 der Hochschule Luzern den Auftrag, die Studie «Entwicklung Grundlagen» durchzuführen, die zu dieser Publikation führte. Anschliessend hat er bereits mit Erfolg damit begonnen, die Erkenntnisse der Studie in die Praxis umzusetzen und im Rahmen des Projekts «Jubla bewegt» Strategien für die Zukunft zu entwickeln.

Die Publikation ist breit angelegt. Die Beiträge spannen das Feld der Verbandsjugendarbeit in der Schweiz auf und geben einen Überblick über die Geschichte, politische Entwicklungen und die heutigen Herausforderungen. Gleichzeitig weisen die Beiträge in ihrer Gesamtheit darauf hin, dass die gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit der Verbandsjugendarbeit in der Schweiz grosse Lücken aufweisen, die es zu schliessen gilt.

Die Publikation regt zum Nachdenken über Jungwacht Blauring an. Zwei Anschlussgedanken:

Erstens: Im historischen Kapitel beschreibt Jürg Krummenacher (S. 30f), wie sich Jungwacht Blauring im Nachgang zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) geöffnet hat. Die kirchliche Hierarchie reagierte ambivalent – und diese Ambivalenz hält bis heute an. Aber Jungwacht Blauring hat es mit Kindern und Jugendlichen geschafft, zentrale christliche Werte wie Nächstenliebe, Gerechtigkeit und Vergebungsbereitschaft in die heutige Zeit hinein zu übersetzen, und zwar in eine gelebte Kultur, in eine «Orthopraxie». Ausserdem werden vielerorts in Form von Gottesdiensten, stillen Momenten, Tischgedanken usw. Deutungsmöglichkeiten und Erfahrungsräume angeboten, diese gelebte Kultur im Sinne eines Transzendenzbezugs zu deuten. Freiwillig engagieren sich hier Jugendliche, auch solche die indifferent oder distanziert zu kirchlichen Institutionen oder religiösen Inhalten stehen. Dabei ist die «Schuld» für diese Distanz nicht bei Jungwacht Blauring zu suchen. Sie ist das Ergebnis gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen. Aber gerade in Jungwacht Blauring bietet sich der «Kirche» eine riesige Chance, mit «Indifferenten» und «Distanzierten» ins Gespräch zu kommen und im Gespräch zu bleiben. Jungwacht Blauring versteht sich als junge Kirche, vermittelt als pfarreiliche Gruppierung ein positives Bild von Kirche und bietet dieser eine Plattform, sich selbst ins Spiel zu bringen. Mitspielen bedingt aber Eigeninitiative, Neugier, Offenheit und «Spieldrang».

Zweitens: Aus dieser «Orthopraxie», aus dieser gelebten christlichen Kultur heraus entwi-ckelt sich Jungwacht Blauring weiter und lässt richtungsweisende Strukturen und Inhalte neu entstehen. Jungwacht Blauring ist ein höchst aktiver Akteur, wenn nicht sogar der Akteur schlechthin, wenn es um die (Weiter-) Entwicklung der verbandlichen kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit in der Schweiz geht. Warum? Zum einen zeigen das paradigmatisch Projekte wie «Jubla Plus», «jubla.infanta», «Entwicklung Grundlagen» oder «jubla.bewegt» (vgl. www.jubla.ch). Diese Projekte sind Auslöser für weitere Prozesse und Arbeiten – die vorge-stellte Publikation belegt das in ihrer Gesamtheit vorbildhaft. Im Weiteren misst Jungwacht Blauring bei all diesen Projekten dem Austausch mit Partnern und weiteren Akteuren hohe Bedeutung bei. Die Erkenntnisse, die Jungwacht Blauring in seiner fortwährenden «Entwicklungsarbeit» gewinnt, werden multipliziert und sollen in andere kirchliche Institutionen und in die schweizweite (Verbands-)Jugendarbeit hinausgetragen werden. Darauf ist Jungwacht Blauring stolz. Und darauf darf auch «die Kirche» stolz sein.

Simone Gretler Heusser und Peter Stade (Hrsg.): Verbandsjugendarbeit in der Schweiz. Herausforderungen und Entwicklungen gestern, heute und morgen. Interact Verlag Luzern, Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. 2014.